Survey Bybassos (abgeschlossen)
Bybassos in byzantinischer Zeit: Ein Surveyprojekt
ProjektleiterInnen
Prof. Dr. Carola Jäggi, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier, Bauhaus-Universität Weimar
ProjektmitarbeiterInnen
Dipl.-Ing. Iris Engelmann, Bauhaus-Universität Weimar (2008)
Boriana Ilkova M.A., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (2007)
Cand. M.A. Patricia Korte, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (2008)
Dr. Ute Verstegen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (2007)
Ausgangslage
Unter Leitung von PD Dr. Winfried Held (Univ. Würzburg) wird seit 2006 im Gebiet des antiken Bybassos auf der karischen Chersones (Südwest-Türkei) ein Flächensurvey durchgeführt, der vornehmlich der hellenistischen Siedlungsphase gilt (www.poliskultur.de/43_.html). Für die nachantiken Befunde, die im 4./5. Jh. nach einem Hiatus in römischer Zeit einsetzen und bis ins Spätmittelalter reichen, wurde 2007 der Erlanger Lehrstuhl für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte beigezogen. Inzwischen wurden zwei einwöchige Kampagnen durchgeführt, wobei die erste Kampagne (Aug./Sept. 2007) der Sichtung der Befunde zur Evaluierung des weiteren Vorgehens, die zweite Kampagne (Aug. 2008) der Vermessung der Hafenkirche von Orhaniye sowie der Einarbeitung von Patricia Korte in die nachantiken Befunde von Bybassos, Degirmenyani und am Ördekbakacak Tepesi galt.
Fundstellen
Zentrum des Surveygebiets ist das antike Bybassos mit seinen drei charakteristischen Hügeln, die sich im Hinterland der Bucht von Hisarönü aus der Schwemmlandebene erheben. Auf dem mittleren der drei Hügel, dem Hisartepe, wurden bereits 2006 neben den antiken Strukturen die Mauern einer wohl spätbyzantinischen Zitadelle aufgenommen. In ihrem Inneren finden sich die Reste einer Kapelle sowie eines Bades mit angrenzender Zisterne. Auf dem Gelände des hellenistischen Stadtheiligtums von Bybassos am Fuß des Oyuklu Tepe konnte ebenfalls bereits 2006 eine runde Struktur erfasst werden, die vermutlich profanen Zwecken (Dreschplatz?) diente. Als weitere Fundstelle in Bybassos ist der byzantinische Hafen zu nennen, der eine Verlagerung der Küstenlinie nach Westen in nachhellenistischer Zeit dokumentiert.
Außerhalb des engeren Stadtgebiets von Bybassos konzentrieren sich die bisherigen Bemühungen auf die Kirchen von Orhaniye, Degirmenyani und auf dem Ördekbakacak Tepesi. Bei der Kirche im Yachthafen von Orhaniye handelt es sich um eine dreischiffige Basilika mit monoapsidialem Ostabschluss und zweigeschossigen Flankenräumen in der Verlängerung der Seitenschiffe; im Westen waren dem Langhaus ein ebenfalls zweigeschossiger Narthex sowie ein Hof vorgelagert, die jedoch erst einer zweiten bzw. drittten Bauphase entstammen. Bauplastische Fragmente aus frühbyzantinischer Zeit geben einen Datierungsanhaltspunkt (5./6. Jh.), der auf den Gründungsbau zu beziehen ist; wie die beiden jüngeren Phasen zu datieren sind, bleibt weiteren Forschungen überlassen. Die Kirche auf dem Ördekbakacak Tepesi kann anhand der obertägig sichtbaren Reste als annähernd quadratischer Bau mit Dreiapsidenschluss und kreisrundem Anbau an der Südwand rekonstruiert werden, die Kirche von Degirmenyani als monoapsidiale Basilika mit drei Schiffen. Eine chronologische Einordnung dieser Bauten ist derzeit noch nicht möglich, auch wenn die Proportionen eher an eine Entstehung in mittel- denn in frühbyzantinischer Zeit denken lassen.
Methoden
Wie bei archäologischen Surveys üblich, werden sämtliche oberflächig sichtbaren Befunde eingemessen sowie zeichnerisch und fotografisch dokumentiert. Eine Grobdatierung der Befunde erfolgt über Streufunde, die einen Anhaltspunkt geben, wann das betreffende Gelände besiedelt war bzw. begangen wurde. Weitere Indizien für die Entstehungszeit der Bauten kann durch Vergleiche mit Parallelbeispielen gewonnen werden, wobei in der Südwesttürkei kaum inschriftlich datierte Bauten auf uns gekommen sind, so dass die Datierungsfrage oft vergleichsweise vage bleibt.
Weiteres Vorgehen
Unsere bisherigen Arbeiten sind zweigleisig angelegt. Die Befunde in Bybassos, Degirmenyani und auf dem Ördekbakacak Tepesi werden in der Magisterarbeit von Patricia Korte bearbeitet. Die Kirche im Yachthafen von Orhaniye soll in einem Aufsatz von Carola Jäggi und Ute Verstegen monografisch publiziert werden. Für die Kirche von Orhaniye werden Iris Engelmann und Hans-Rudolf Meier außerdem ein Restaurierungskonzept vorlegen, das vom Manager der Marina in Auftrag gegeben wurde. Die weitläufige Burganlage auf der Kale Adasi in der Bucht von Orhaniye muss vorläufig ausgegliedert bleiben; sie erfordert eine umfangreiche Bauaufnahme, die im Rahmen des aktuellen Projektes nicht geleistet werden kann.
Literatur
Hild, Friedrich: Stadia und Tracheia in Karien, in: Byzantina Mediterranea. Festschrift für Johannes Koder zum 65. Geburtstag, Wien 2007, 231-243.
Ruggieri, Vincenzo: Rilievi di architettura bizantina nel golfo di Simi, in: OCP 55, 1989, 75-100 und 345-373.
Ruggieri, Vincenzo: Art. Karien, in: RAC XX, 2004, 145-166.
Ruggieri, Vincenzo: La Caria bizantina, Saveria Manelli 2005.
Zäh, Alexander: Zur Typologie kirchlicher Architektur im südwestlichen Kleinasien, Maintal-Dönigheim 2003.