Nachruf Prof. Dr. Rainer Lachmann † 


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* 9. September 1940, † 19. Februar 2025

Wir trauen um Prof. Dr. Dr. habil. Dr. h.c. Rainer Lachmann, der am 19.2.2025 im Alter von 84 Jahren in Marburg verstorben ist. Er war von 1979 bis 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts der Universität Bamberg und zugleich Zweitmitglied der Erlanger Theologischen Fakultät. Davor war er fünf Jahre als Akademischer Oberrat an der Erlanger Fakultät tätig. Er hat Generationen von Studierenden und sowohl die bayerische als auch die deutsche wissenschaftliche Religionspädagogik nachhaltig geprägt. Wir werden ihn sehr vermissen!

Von 1974 bis 1979 war er als Akademischer Oberrat an der (damals noch als solche bestehenden) Evangelisch-Theologischen Fakultät unserer Universität in Erlangen für die Betreuung der Gymnasialstudierenden zuständig. Sowohl von den unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen als auch von den Studierenden wurde er für seine menschlich-zugewandte und kommunikativ-offene Art bei gleichzeitig hoher fachlicher Kompetenz sehr geschätzt. So habe ich ihn zu Beginn meines Studiums im WS 1978/79 auch selbst erlebt. Bei den Studierenden drückte sich das u.a. darin aus, dass er eine „Urkunde“ verliehen bekam, nach der er den Ehrentitel „Vater der Erlanger Religionsphilologen“ führen durfte – die er bis zum Schluss in seinem Zimmer hängen hatte.

Neben seiner Lehr- und Beratungstätigkeit arbeitete Lachmann kontinuierlich an seiner Habilitationsschrift, „Ethische Kriterien im Religionsunterricht“, mit der er sich 1978 in Erlangen habilitierte. Im Vorwort dankt er neben seinem inzwischen verstorbenen Marburger Lehrer Prof. Dr. Alfred Niebergall nicht nur den Erlanger Professoren Klaus und Mildenberger, welche die Gutachten erstellt hatten, sondern insgesamt „der Erlanger Theologischen Fakultät mit ihren Studenten, Assistenten und Professoren“. Während seine Dissertation über die Religionspädagogik des aufklärerischen Religionspädagogen Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) von Lachmanns historischem Interesse zeugt, das seine Forschungsarbeit zeitlebens prägte, ging es ihm in seiner Habilitationsschrift primär um die Auseinandersetzung mit der Systematischen Theologie, die für ihn durchweg der wichtigste Gesprächspartner der Religionspädagogik unter den theologischen Disziplinen blieb. 

Zum Wintersemester 1979/80 wurde Rainer Lachmann auf den Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts der Universität Bamberg berufen. Er hat dort nicht nur die evangelische Religionslehrkräftebildung aufgebaut, sondern auch die Religionspädagogik in Bayern wesentlich vorangebracht, u.a. durch die Mitbegründung der „Konferenz der an der Lehrerbildung für Grund- und Hauptschulen beteiligten Theologen an bayerischen Universitäten“ (KLGHT; heute: KLT), deren Vorsitz er viele Jahre innehatte. Hier wurden die Belange der Religionslehrkräfteausbildung besprochen, koordiniert und gegenüber Kirche und Kultusministerium vertreten. Auf nationaler Ebene war Lachmann unter anderem im Vorstand des Arbeitskreises für Religionspädagogik (AfR; heute: GwR) und in der „Gemischten Kommission zur Reform des Theologiestudiums“ der EKD engagiert. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2005 war Lachmann als Bamberger Lehrstuhlinhaber zugleich Zweitmitglied der Erlanger Theologischen Fakultät.

Für die Studierenden und ihre Ausbildung im ganzen deutschsprachigen Raum sind v.a. Buchklassiker einflussreich geworden wie das gemeinsam mit Gottfried Adam herausgegebene und 1983 erstmals erschienene „Religionspädagogische Kompendium“, das „Methodische Kompendium für den Religionsunterricht“ sowie die Buchreihe „Theologie für Lehrerinnen und Lehrer“ – die in zahlreichen Auflagen und Neuausgaben publiziert wurden. In der kleinen 1992 erschienenen elementar-theologischen Grundlagenschrift „Grundsymbole christlichen Glaubens“, der vor allem für die Nebenfach-Studierenden gedacht war, entwickelte er den nach wie vor bedenkenswerten theologischen und religionspädagogischen Ansatz einer Bewahrheitung und Bewährung („Verifikation“) des christlichen Glaubens im Leben. 

In der aktuellen religionspädagogischen Diskussion setzte sich Rainer Lachmann vehement für einen ökumenischen Religionsunterricht ein. Mit seinen Konzepten und Überlegungen dazu, die bis auf den Anfang der 1990er Jahre zurück gehen, war er deutlich – wie es ein Oberkirchenrat einmal formulierte – „seiner Zeit voraus“. Es war ihm eine besondere Genugtuung, noch mitzuerleben, wie der konfessionell-kooperative Religionsunterricht und zuletzt – in Niedersachsen – ein dezidiert ökumenischer Religionsunterricht immer mehr an Zustimmung gewannen. 

In seiner unnachahmlichen Art verstand es Rainer Lachmann, sowohl Studierende als auch Nachwuchswissenschaftler zu inspirieren und zu fördern. Es ist schon etwas Besonderes, dass so viele von Ihnen noch über Jahre hinweg mit ihrem Professor intensiven Kontakt pflegten. So haben sich z.B. seine ehemaligen Assistenten – einer davon war ich – über 30 Jahre lang jährlich zu gemeinsamen zweitägigen Ausflügen, den sogenannten „Peripatien“ getroffen. 

Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand war Rainer Lachmann weiterhin wissenschaftlich und literarisch aktiv. In seinem Beitrag von 2011 zu dem von Horst Rupp herausgegebenen Band 4 der Reihe „Religionspädagogik als Autobiografie“ ist nicht nur eine beeindruckende, erfrischend ehrlich und in Teilen selbstironisch-humorvoll erzählte Lebensgeschichte nachzulesen, sondern auch ein Stück religionspädagogischer Wissenschaftsgeschichte, an die er in seinem reflektierend-rückblickenden Beitrag im 2023 erschienenen Band 8 der Autobiografien noch einmal anknüpfte. 

Es kann ein Trost inmitten der Trauer über den Tod von Rainer Lachmann sein, dass damit ein reiches, erfülltes und in vielfacher Weise segensreiches Leben zu Ende gegangen ist. Von daher nehmen wir Abschied in großer Dankbarkeit und voll aufrichtigem Mitgefühl für seine Familie und alle, die ihm verbunden waren. Wir werden ihn in guter, ehrender Erinnerung behalten.   

Prof. Dr. Manfred L. Pirner,
Professor für Evangelische Religionspädagogik und
Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts