Profil des Lehrstuhls
Fächer des Lehrstuhls
Religionswissenschaft wird in Erlangen als Kulturwissenschaft betrieben, die religiöse Praktiken, Traditionen, Materialitäten und Vorstellungen, in ihren konkreten kulturellen Zusammenhängen untersucht. Hierbei greift sie auf diverse Zugänge und Methoden zurück, vor allem historisch-philologische und sozialwissenschaftliche. Was die Religionswissenschaft von Nachbardisziplinen wie beispielsweise die Sozialwissenschaften oder Regionalwissenschaften unterscheidet, ist, dass sie ihre Forschungsgegenstände konsequent mit dem Diskurs über Religion (als Kollektivsingular) ins Verhältnis setzt und so religionsvergleichende Analysen ermöglicht. Zentral ist hierbei die Reflexion der eigenen theoretischen Vorannahmen, insbesondere mit Blick auf die verwendeten Allgemeinbegriffe und Kategorien. Letztere gilt es in ihrer historischen Kontingenz, sprich in ihrem geschichtlichen Gewordensein, konkretem Gebrauch und ihrer Umstrittenheit, zu begreifen. Daraus ergibt sich eine dezidiert globalreligionsgeschichtliche Ausrichtung, die den Fokus auf globale Verflechtungen legt.
Interkulturelle Theologie: Religiöse Pluralität und Globalisierung fordern eine Neuausrichtung des theologischen Denkens. Entwicklungen in nicht-euro-nordamerikanischen Kontexten beeinflussen Europa direkt, etwa durch Migration, Tourismus oder globale Krisen und Konflikte. Die Theologie muss daher auf neue Fragen und Herausforderungen antworten. Das Fach Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie bietet das nötige Wissen, um die globalen Dynamiken zu verstehen, die zu unterschiedlichen Verständnissen von christlicher Identität und Positionierung führen, und theologisch zu deuten. Das theologische Interesse an der Religionswissenschaft konzentriert sich dabei auf deren Untersuchung und Darstellung religiöser Phänomene als Knotenpunkte christentumsgeschichtlicher und theologischer Prozesse. Das Fach Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie trägt somit konsequent die globale Dimension in das Studium der Theologie ein. Die Religionswissenschaft selbst bleibt jedoch eine eigenständige Kulturwissenschaft, die nicht auf diese theologische Perspektive festgelegt ist.
Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls:
- Pentekostalismus (pfingstlich-charismatische Bewegungen)
- Islam, insbes. Reformislamische Bewegungen im frühen 20. Jh.
- Globalgeschichtliche Ansätze und Gender/Queer Studies
- Esoterik
- Regionale Schwerpunkte: Süd- und Südostasien (insbes. Philippinen, Singapur und Malaysia)
Der Lehrstuhl arbeitet sehr eng mit dem Lehrstuhl für Kultur- und Sozialanthropologie (Prof. Dr. Dominik Müller) und dem Center for Advanced Studies Alternative Rationalities and Esoteric Practices from a Global Perspective sowie mit der Forschungsstelle für religiöse Vielfalt (Fachbereich Rechtswissenschaft) zusammen.
Drittmittelprojekte (laufend)
- Interkulturelle Geschichtsschreibung der christlichen Mission des 19. und 20. Jahrhunderts: Konzepte, Methoden und Politik Überlegungen zu einer Konzeption einer interkulturellen Geschichtsschreibung der christlichen Mission in Bezug auf „postcolonial studies“ und „critical whiteness studies“ Förderung durch DFG seit 2024.
Drittmittelprojekte (abgeschlossen)
- Das Bild der Religion in Russland: Bildungsprojekte und die Konstruktion der religiösen Toleranz: Vergleichende Diskursanalysen zur aktuellen Implementierung des Religionsunterrichts in Russland (2009-15) – Förderung durch DFG seit 2015.
- Wahrheitsanspruch und Humanität – Progressive muslimische Religionstheologie zu religiöser Differenz und Menschenwürde – Förderung durch DFG seit 2013
- Heilige Dinge. Untersuchungen zu Geschichte, Theorie und Transformation ausgezeichneter Objekte – Förderung durch DFG seit 2010.
Die Anfänge 1967 als Missions- und Religionswissenschaften
Diese Fächer werden an der FAU seit 1967 als eigenständige Disziplinen gelehrt. Die Geschichte des Fachs in Erlangen ist allerdings älter und reicht zurück bis in 1920er Jahre und die damals (stärker theologisch und lutherisch-konfessionell) betriebene Forschung zur Geschichte und Theologie christlicher Mission.
Erste Neuorientierung 2003
Mit der Neuausschreibung und Umbenennung des Lehrstuhls Religions- und Missionswissenschaft im Jahr 2003 erhielt das Studium von Religionen und religiösen Bewegungen, das an anderen Universitäten auch unabhängig von und außerhalb der Theologie betrieben wird, einen neuen Stellenwert innerhalb der Theologie in Erlangen: es steht, entsprechend einem Verständnis von Religion als kulturelles Konzept (Joachim Matthes), in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften, insbesondere den Kulturwissenschaften, und entfaltet selbst keine konfessionelle oder religiöse Perspektive auf die Religionen. Diese Eigenständigkeit religionswissenschaftlichen Forschens wird auch von der institutionellen Anbindung des Faches am Fachbereich Theologie nicht in Frage gestellt.
Seit 2020: Lehrstuhl für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie
Im Januar 2020 wurde der Lehrstuhl in „Lehrstuhl für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie“ umbenannt. Damit wird der Neuausrichtung des Fachs innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion im deutschsprachigen Raum Rechnung getragen und ein Schwerpunkt auf Vernetzungsgeschichten gelegt
Internationale und außeruniversitäre Kooperationspartnerinnen:
- Tumaini University, Makumira Theological College / Tanzania
- Staatliche Universität Wladimir, Lehrstuhl für Philosophie und Religionswissenschaft / Wladimir, Russland
- Gurukul Lutheran Theological College and Research Institute / Chennai, Indien
- Lutheran Theological Semenary (LTS) / Hongkong
- Myanmar Institute of Theology / Yangon Myanmar
- Mission EineWelt / Bayern
Informationen zu Studienaufenthalte bzw. Auslandssemester finden Sie hier.